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Elisaweta Karasewa leitet das Deutsch-Russische Kulturzentrum "Kontakt" in Schwerin    Sdrastwuitje und Guten Tag - wer das Deutsch-Russische Kulturzentrum "Kontakt" in Schwerin betritt, merkt es gleich: Hier sind zwei Sprachen zu Hause. Und das Zentrum ist zweites Zuhause von Elisaweta Karasewa. Seit 1996 hilft sie hier russischen Migranten und deutschstammigen Einwanderern, in der neuen Heimat anzukommen, ohne die alte zu vergessen.
   Ein völlig neues Leben anfangen - Elisaweta Karasewa weiss, was das bedeutet. Im November 1994 kam sie mit Mann, Tochter und Sohn aus Tschetschenien nach Deutschland. Nur wenige Wochen später begann in ihrer alten Heimat der Krieg, entbrannte der Kampf um die Hauptstadt Grosny, wo sie jahrelang als Russischlehrerin gearbeitet hatte.
   Die Familie war in Sicherheit, stand aber vor einem schweren Neuanfang. In Grosny war Elisaweta Karasewa stellvertretende Schulleiterin, in Schwerin musste sie selbst zuallererst wieder auf die Schulbank. "Die Sprachbarriere war anfangs das größte Problem." - erzählt sie in sehr gutem Deutsch. "Da rauschten die Sätze vorbei wie ein Fluss, aus dem es schwer fällt, bekannte Worter zu filtern."Hilfe bei den Problemen des Alltags
   Nicht zuletzt vermisste die Lehrerin auch ihre Arbeit mit Kindern: "Ich bin mit meinen Schülern gereist, wir haben über Bücher gesprochen, Theaterstücke aufgeführt", zählt sie auf und fugt hinzu: "Ich kann nur, was ich kann." Eine Überzeugung, die 1996 zur Gründung des Deutsch-Russischen Kulturzentrums "Kontakt" führte. Gemeinsam mit ihrem Mann, einem Politologen, hob Elisaweta Karasewa den Verein aus der Taufe und ist seitdem dessen Vorsitzende.
  Das Ziel war von Anfang an klar: Hilfe bei der Integration und bei den täglichen Problemen des neuen Lebens. "Wir begleiten die Menschen zum Arzt, zur Krankenkasse, zum Amt oder zur Wohnungsstelle", sagt die 55-Jährige. Dazu kommt die Beschäftigung mit der Sprache. Elisaweta Karasewa hat die Erfahrung gemacht, dass es vor allem vielen Älteren hilft, wenn sie auf diesem Gebiet ganz individuell gefördert werden. "Unterstützung bekommen wir dabei von deutschen Freunden, die unseren Sprachkursbesuchern die Umgangssprache erklaren", sagt die Vereinvorsitzende.
   Denn die Neuankömmlinge sollen schnell auf eigenen Fußen stehen. "Wenn jemand nach drei, vier Monaten zu mir sagt: Ich war heute beim Arzt und habe alles verstanden, dann bin ich schon ein bisschen stolz", gesteht die ehemalige Lehrerin.
Zentrum ist fur viele Menschen ein Zuhause
   Und hinter der Arbeit des Vereins verbirgt sich noch mehr. Für viele russische Einwanderer ist das Kulturzentrum ein Ort, an dem sie sich austauschen und verwirklichen können. "Zu uns gehören viele gebildete Menschen. Natürlich möchten sie nicht allein zu Hause sitzen, sondern ihre Kenntnisse weitergeben", sagt Elisaweta Karasewa. So finden zum Beispiel Seminare, unter anderem zusammen mit der Friedrich-Ebert-Stiftung statt, es gibt Lesungen und Literaturabende, ein Malstudio, das auch deutsche Hobbykünstler besuchen, eine Kindertanzgruppe oder das Ensemble "Surprise". Viel Herzblut widmet die 55-Jährige der Vorbereitung gemeinsamer Feste. Sie kann sich noch gut an das allererste russische Jolkafest des Vereins 1997 in Schwerin erinnern: "Wir hatten uberhaupt kein Geld. Dann bekamen wir von der Domgemeinde 200 Mark, das war für uns wie ein Wunder. Davon konnten wir Geschenke für die Kinder kaufen und es reichte sogar fur Snegurotschkas Kostüm", erzählt sie. Inzwischen ist das Jolkafest im Deutsch-Russischen Kulturzentrum genauso zur Tradition geworden wie eine beliebte Veranstaltung im Januar, die sich Altes-Neues-Jahr-Fest nennt.
Seit fast zehn Jahren im Ehrenamt
   Über ihr eigenes Engagement bei der Vorbereitung der vielen Höhepunkte möchte Elisaweta Karasewa eigentlich gar nicht reden. Sie schwärmt lieber von den Leistungen der Ensembles oder der Vortragenden, um dann schalkhaft zu fragen: "Aber in Deutschland soll man sich ja selbst loben, nicht wahr?" Trotzdem tut sie es nicht und muss es auch nicht, weil es andere tun. "Das Zentrum ist unser leben, unser Zuhause", sagt Musikwissenschaftlerin Ludmila Talalaj, wahrend Ljuba Orlowa betont, dass die Vereinvorsitzende schon all die Jahre ehrenamtlich arbeitet.
"Jeder Mensch braucht Anerkennung"
   Wenn das Kulturzentrum im kommenden Jahr seinen zehnten Geburtstag feiert, dann ist das zum großen Teil auch Elisaweta Krasewa Verdienst. Doch in die Freude darüber mischen sich viele Sorgen. "Finanziell wird es von Jahr zu Jahr schwerer. Es wäre sehr wichtig für uns, Sponsoren zu finden. Zweimal hat uns bereits die Sparkassenstiftung unterstützt, Hilfe, für die wir uns gern auch kulturell revanchieren"; sagt die Vereinvorsitzende.    Wie wichtig ihr Engagement ist, sieht sie jeden Tag. Mehr als 200 Familien sind heute Mitglied im Verein, der seit 2004 zum Paritatischen Wohlfahrtsverband gehört. Erwachsene und Kinder haben im Zentrum Einen Platz gefunden, an dem sie Talente entfalten und Fähigkeiten einbringen können. "Denn jeder Mensch braucht Anerkennung", sagt Elisaweta Krasewa. Wie gut es tut zu sehen, dass die eigene Arbeit Fruchte tragt, hat sie selbst in diesem Jahr in Moskau erfahren. Als sie sich während ihres Aufenthalts dort mit ehemaligen Schülern traf, sagte einer der inzwischen über 30-Järigen: "Elisaweta Jefimowna, erst heute kann ich richtig einschätzen, was Sie alles für uns getan haben. Ich bin Ihnen sehr dankbar". In diesem Moment kullerten bei der Lehrerin die Tränen. "So etwas", sagt sie, "ist einfach gut für die Seele."

Katja Haescher
("SVZ", 2005)


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